Unterm Bett verschwinden immer wieder Dinge. Dinge, die ich nicht mehr brauche. Dinge, die ich noch brauche, aber nicht so oft. Dinge, die ich oft brauche, aber die mir lästig sind. Dinge, die niemand sehen soll. Dinge die ich vergessen will. Dinge, die ich eigentlich nicht vergessen will, aber vergesse, sobald sie einmal unterm Bett verschwunden sind.
Derartige Dinge. Alle, die Dinge und Betten ihr eigen nennen, wissen, wovon ich spreche.
Neulich hielt ich eine kleine, schwarze Kiste in der Hand, die zu den Dingen gehört, die ich längst vergessen hatte. Sie war voller Staub. Ich war versucht ihn wegzupusten, aber so etwas macht man nur einmal im Leben, weil es romantisch klingt, und dann nie wieder, weil der Staub so überall verteilt wird und in der Nase brennt.
Ich holte einen nassen Lumpen und wischte den Staub weg, und fragte mich kurz, wann genau ich eigentlich so pragmatisch geworden war.
Auf der Kiste stand: Nicht öffnen.
Ich öffnete sie natürlich und fragte mich kurz triumphierend, ob mein früheres Ich tatsächlich geglaubt hatte, eine Warnung würde mich von irgendetwas abhalten.
Dann sah ich sie.
Du raffiniertes früheres Ich, dachte ich erschrocken. Hast mich in die Falle gelockt.
In der Kiste ruhte eine Blüte. Keine vertrocknete. Eine, die aussah, wie frisch gepflückt. Sie blühte immer noch genau so unerschrocken und hell wie damals, bevor ich sie weggepackt und rasch vergessen hatte.
Ich nahm sie in die Hand. Sie war warm wie ein schlagendes Herz. Und sie machte mir noch genauso viel Angst wie immer schon. Wir sahen uns eine Weile an, schweigend. Dann seufzte ich und steckte sie zurück in meine Brust.
Seid vorsichtig, wenn ihr unter eurem Bett nach einem Ohrring sucht, der dort verschwunden ist und hütet euch vor längst vergessnen Kisten. Oder eben genau das Gegenteil. Wer weiß das schon.

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