Mein Haar ist so nass, wie der Regen, der verwirrt die Fensterscheibe hinabrinnt. Und mein Haar ist genauso verwirrt wie der Regen. Weil ich darüber ein bisschen lachen muss, puste ich aus Versehen in die heiße Milch mit Honig. Süß duftende Schaumflöckchen tanzen für einen Moment in der Luft, als wären es Elfen, die für Schwanensee üben.
Meine Milch ist nicht echt, sondern aus Sojabohnen. Ich erinnere mich daran, wie ich als Mädchen eifrig am Euter von Kühen hing, um die echte Milch herauszupressen. Das war weniger leicht als es aussah, und nicht allen Kühen gefiel das. Besonders die eine, die ganz braune, die so ein wenig mager und immer missgelaunt war, die machte es mir besonders schwer.
Sie schlug mir mit einem harten Schwanz ins Gesicht, trat mir mit einem schweren Huf auf den Fuß, lehnte sich mit ihrem dampfenden Leib gegen mich und gab ihre Milch nicht her. Erst nach einem Kampf, den ich nie wirklich gewann.
Die ist zu klug, sagte der Bauer, der nie viel sagte, die muss bald weg, das hat keinen Sinn.
Und erst da verstand ich, dass diese braune, missgelaunte Kuh, Tag für Tag an den immerselben Ort gebunden, den Kopf eingeklemmt zwischen zwei Gitterstangen, sich auf den Moment freute, an dem sie ein wenig mit mir kämpfen konnte, weil sie mindestens an grenzenloser Langeweile litt, und dass alle Kühe, die dieses Los nicht willenlos ertrugen, keinen Sinn machten.
Die Braune drehte ihren knochigen Kopf, bedachte mich mit einem scheelen Blick aus diesen riesig-sanften Augen und sagte: Endlich hast dus kapiert, dummes, kleines Menschenkind. Ich ging weg und kam nie wieder.
Ich erinnere mich daran, während ich meine falsche Milch trinke und darauf warte, dass meine Haare trocknen und der Regen sich wieder in Schnee verwandelt, mein kleiner Hausdämon die letzten Schaumreste vom Sofa leckt und irgendwann einmal Frieden auf Erden einkehrt.

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