Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die Dächer einer Stadt, die bekannt ist für ihre Bilder von Straßencafes und Huren.
Von dieser Straße dringt Lärm und
überall sind Menschen. Ich kann sie nicht sehen, aber hören, ihre Stimmen, ihre Gedanken, ihre Herzen.
Die Nacht trägt bereits den ersten Frost am Rocksaum und lädt nicht mehr zum Wandeln durch ihre schwarzen Venen ein. Diejenigen, die es tun, suchen nach Wärme und verstecken ihre Haut.
Ich bin nackt in einem Hotel, das früher ein Bordell war. Das ist noch nicht allzu lange her. Die Türen sind scharlachrot wie Lippenstift und Blut und Sünde, über jedem Bett hängt ein Spiegel, in dem man sich beim Schlafen zusehen kann.
Das Zimmer ist klein und warm und voller Gold und Rosen. Ich denke an die Hure, die einst hier wohnte. Vielleicht hat sie den Vogelkäfig aus zierlichen Eisenstäben auf dem Balkon aufgehängt. Er ist leer und die offene Tür zeigt zum Horizont. Ich bin mir sicher, es war niemals ein Vogel darin eingesperrt.
Ich bin nackt, weil ich zwischen Kacheln aus blauer Mitternacht unter der Dusche stehe. Ich drehe den Hahn bis dahin auf, wo es am allerheissesten ist.
Das Wasser wäscht den Tag weg, aber nicht die Erinnerungen. Stündlich fremde Lust aus meinem Schoß spülen musste ich nie.
Wie oft habe ich meinen Körper verkauft? Nicht für Geld. Aber für das Gefühl, wenigstens eine Nacht nicht alleine in einem Meer aus Dunkelheit zu schwimmen. Das war ein guter Tausch.
Für einen warmen Schlafplatz, als ich jung und von zuhause weggelaufen war. Das war ein schlechter Tausch. Für ein bisschen Frieden in einer toten Beziehung. Für alles mögliche. Ein Körper kann so schnell so wenig wert sein.
Ich verteile weichen Schaum auf allen meinen Gliedern und bin plötzlich froh, weil meine Käfigtür nie geschlossen war und ich immer wusste, dass ich Flügel habe, selbst wenn sie manchmal irgendwo verstaubten.
Heute Nacht sehe ich mir selbst beim Schlafen in der silberglatten Spiegelfläche zu, auf der meine Träume in kaputten Seidenstrümpfen Schlittschuh laufen werden.

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