Ich war am Wasser, da, wo es gefährlich ist. Weil es schimmert wie der Spiegel eines Puppenkindes, als wäre es nicht echt und nur zu unserem Vergnügen da. Doch Wasser ist immer echt. Und deshalb immer auch gefährlich.
Ich war dort, wo kalte Wellen glatte Steine küssen, ganz ohne Leidenschaft, aber mit altvertrauter Zärtlichkeit. Wenn ich ein Frosch wäre, könnte ich genau dort leben, wäre ich eine Libelle, auch. Ich wäre lieber eine Libelle als ein Frosch, schon alleine wegen der Flügel, aber eigentlich halte ich mich am liebsten ganz vom Wasser fern.
Ihr glaubt, ihr könnt es zähmen, eingesperrt in bunte Becken aus Beton, vollgefüllt mit Chlor und Menschenleibern. Gut erzogen als feines Rinnsal aus dem Hahn. Ihr glaubt, das Wasser ist euer Haustier.
Doch es ist wild und alt und trägt einen Namen, den nur der Wind noch kennt. Wenn ihr euch tief herabneigt, könnt ihr den Namen vielleicht vernehmen, im feuchten Plätschern und gischtgetränkten Raunen, doch neigt euch nicht zu tief hinab.
Es sind nicht nur die Nixen, die nach euch greifen. Denn das werden sie, wenn ihr zu lange lauscht, sie werden mit zart beschuppten Fingern eure warme Hand berühren, bis sie so kalt wird wie das Herz des Meeres und ihr freien Willens ein Wasserwesen werdet.
Doch es sind nicht nur die Nixen. Es sind all die verzweifelten Geheimnisse, die dort schlafen, seit dem Moment, in dem die erste einsame Seele ihren Körper dem Wasser übergab. Weil die Erdenwelt oft zum Verzweifeln ist.
Und all diese Geheimnisse erwachen und flüstern zu dir mit gierigen Kinderstimmen, wenn du zu nah am Wasser bist.
Oder auch nicht. Vielleicht erzählt das Wasser auch nur mir immer die ganzen traurigen Geschichten. Zuzutrauen wärs ihm.
Dennoch. Das Wasser ist gefährlich. Vergesst das nicht.

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